Langzeitauswirkungen mütterlicher Zöliakie auf ihren Nachwuchs

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Eine Studie um Abu-Freha et al. untersucht die Langzeitauswirkungen von Müttern mit Zöliakie auf ihren Nachwuchs und verdeutlicht dessen erhöhte Infektionsmorbidität im Vergleich zu Kindern von Müttern ohne Zöliakie.

Die Inzidenz der Zöliakie ist in den vergangenen Jahren gestiegen, mit der höchsten Inzidenz unter Frauen und Kindern. (2) Verschiedene Studien untersuchten die kurzfristigen Effekte von Zöliakie und kamen zu dem Schluss, dass das Risiko für Infektionen bei Patienten mit Zöliakie erhöht ist. So wurden erhöhte ambulant-erworbene Infektionen, Pneumokokken-Infektionen, Infektionen durch Clostridium difficile, Tuberkuloseinfektionen und Sepsis nachgewiesen. (3) Die Studien verdeutlichten außerdem, dass Zöliakie Einfluss auf die Schwangerschaft hat und das intrauterine Wachstum einschränken, das Geburtsgewicht vermindern, zu Frühgeburten, Fehlgeburten oder Geburtskomplikationen führen kann. (4-10)

Nur wenige Studien beschäftigen sich mit den Langzeit-Effekten auf den Nachwuchs von Müttern mit Zöliakie. Diesen Langzeitauswirkungen widmete sich das Team um Naim Abu-Freha vom Institute of Gastroenterology and Hepatology des Soroka University Medical Center in Israel. Ziel der vorliegenden Studie war es, die langfristige Infektionsmorbidität des Nachwuchses zu untersuchen, deren Mütter von Zöliakie betroffen sind.

Methode

Für die Studie wurde eine populationsbasierte Kohortenstudie durchgeführt, in der alle Einzelgeburten zwischen den Jahren 1991 bis 2014 eingeschlossen wurden. Der Nachwuchs wurde in zwei Gruppen eingeteilt: Nachwuchs von Müttern mit Zöliakie und Nachwuchs von Müttern ohne Zöliakie. Für beide Gruppen wurden demografische und klinische Daten gesammelt. Hierzu zählten: Alter der Mutter, Anzahl der Geburten, Gestations- und Prägestationsdiabetes mellitus, hypertensive Schwangerschaftserkrankungen (chronischer oder gestationsbedingter Bluthochdruck und Präeklampsie mit oder ohne schwerwiegende Merkmale), Schwangerschaftsalter sowie Geschlecht. Um die kumulative Inzidenz von Krankenhausaufenthalten während der Studienzeit zu vergleichen, wurde eine Kaplan-Meier-Überlebenskurve verwendet. Zudem wurde das Cox-Modell, eine Regressionsmethode zur Analyse von Überlebensdaten, eingesetzt, um einen unabhängigen Zusammenhang zwischen Zöliakie in der Schwangerschaft und der zukünftigen Inzidenz für infektionsbedingte Krankenhauseinweisungen des Nachwuchses herzustellen.

Ergebnisse

Im Untersuchungszeitraum gab es 210 (0,09 %) Geburten von Müttern mit Zöliakie, welche mit 242.170 (99,91 %) Entbindungen von Müttern ohne Zöliakie verglichen wurden. Mütter mit Zöliakie hatten im Vergleich zu Müttern ohne Zöliakie signifikant niedrigere Raten an hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen. Es gab keine signifikanten Unterschiede bezüglich des Alters der Mutter bei der Geburt oder des Gestationsalters. Frühgeburten (<37 Schwangerschaftswoche) wurden vermehrt in der Gruppe der Mütter mit Zöliakie beobachtet (10,4% vs. 6,9 %; p = .04). Neugeborene der von Zöliakie betroffenen Mütter hatten häufiger ein niedrigeres Geburtsgewicht (<2.500g) 14,2 % vs 6,7 % (p<.001). Bakteriämie und Infektionen des zentralen Nervensystems waren signifikant häufiger beim Nachwuchs von Müttern mit Zöliakie im Vergleich zu Müttern ohne Zöliakie (p<.001 und p = 0.028). Auch die Kaplan-Meier-Kurve, zur grafischen Darstellung von Überlebensraten, verdeutlichte eine höhere kumulative Inzidenz von infektionsbedingten Hospitalisierungen im Laufe der Schwangerschaft bei den Kindern von Müttern mit Zöliakie im Vergleich zu Müttern ohne Zöliakie. Anhand des Cox-Regressionsmodells konnte der Zusammenhang zwischen mütterlicher Zöliakie während der Schwangerschaft und langfristigen infektionsbedingten Krankenhausaufenthalten verdeutlicht werden. Festgestellt wurde, dass Zöliakie bei Müttern für ihren Nachwuchs ein signifikantes und unabhängiges Risiko für längere, infektionsbedingte Krankenhausaufenthalte birgt.

Die Studie zeigte, dass die Zöliakie der Mutter ein Risikofaktor für langfristige Infektionsmorbidität des Nachwuchses ist, insbesondere für Bakteriämie und Infektionen des zentralen Nervensystems.

Quellenangabe

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  3. Marild K, Fredlund H, Ludvigsson JF. Increased risk of hospital admission for influenza in patients with celiac disease: a Nationwide Cohort Study in Sweden. Am J Gastroenterol. 2010;105:2465-2473.
  4. Pope R, Sheiner E. Celiac disease during pregnancy: To screen or not to screen? Arch Gynecol Obstet. 2009;279:1-3.
  5. Gasbarrini A, Torre ES, Trivellini C, De Carolis S, Caruso A, Gasbarrini G. Recurrent spontaneous abortion and intrauterine fetal growth retardation as symptoms of coeliac disease. Lancet. 2000;356:399-400.
  6. Tata LJ, Card TR, Logan RF, Hubbard RB, Smith CJP, West J. Fertility and pregnancy-related events in women with celiac disease: a population-based cohort study. Gastroenterology. 2005;128:849-855.
  7. Tursi A, Giorgetti G, Brandimarte G, et al. Effect of Gluten free diet on pregnancy outcome in celiac disease patients with recurrent miscarriages. Dig Dis Sci. 2008;53:2925-2928.
  8. Ludvigsson JF, Montgomery SM, Ekbom A. Celiac disease and risk of adverse fetal outcome: a population-based cohort study. Gastroenterology. 2005;129:454-463.
  9. Casella G, Orfanotti G, Giacomantonio L. Celiac disease and obstetrical gynecology contribution. Gastroenterol Hepatol Bed Bench. 2016;9:241-249.
  10. Sheiner E, Peleg R, Levy A. Pregnancy outcome of patients with known celiac disease. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol. 2006;129:41-45.