Mikrobiota und Zöliakie: Perspektiven für biotische Interventionen

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Bei der Zöliakie handelt es sich um eine immunvermittelte Enteropathie, die bei genetisch prädisponierten Personen durch den Verzehr von Gluten ausgelöst wird. Sie betrifft etwa ein Prozent der Weltbevölkerung. Die Standardtherapie ist derzeit eine lebenslange, strikte glutenfreie Diät (GFD). Es gibt jedoch zunehmend Hinweise darauf, dass auch die Darmmikrobiota eine wichtige Rolle bei der Entstehung und dem Verlauf der Zöliakie spielt. 

Valitutti et al. (2025) untersuchten die Zusammenhänge zwischen Zöliakie (CeD) und Veränderungen der Darmmikrobiota. Der Fokus lag dabei insbesondere auf der Rolle der Mikrobiota bei der Krankheitsentstehung sowie auf der Wirksamkeit biotischer Interventionen (Probiotika, Präbiotika, Synbiotika und Postbiotika) als ergänzende Therapie. 

Methodik: 

Die Autoren führten eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken „Pubmed“, „Embase“ und „Cochrane Library“ durch. In die Analyse wurden Studien aus den Jahren 2000 bis 2024 eingeschlossen, die entweder den Zusammenhang zwischen Mikrobiota und Zöliakie untersuchten oder biotische Interventionen bei Zöliakie evaluierten. Insgesamt wurden 112 Artikel in die Analyse aufgenommen. 

Ergebnisse: 

Die Übersichtsarbeit zeigt, dass Patienten mit Zöliakie charakteristische Veränderungen ihrer Mikrobiota aufweisen. So wurde einerseits ein Rückgang nützlicher Bakterienarten wie Bifidobacterium und Lactobacillus und andererseits eine Zunahme potenziell pathogener Arten, darunter proinflammatorische Bakterien wie Bacteroides und Enterobacteriaceae, beobachtet. Solche Unterschiede fanden sich nicht nur bei Patienten mit aktiver Zöliakie, sondern auch bei deren erstgradigen Verwandten sowie bei genetisch prädisponierten Personen. Dies deutet darauf hin, dass die Mikrobiota bereits vor dem Auftreten klinischer Symptome beteiligt sein könnte. 

Die geprüften Studien zu biotischen Interventionen liefern erste Hinweise auf positive Effekte: 

  • Probiotika verbesserten teilweise gastrointestinale Symptome und reduzierten Entzündungsmarker. 

  • Präbiotika förderten das Wachstum nützlicher Bakterien, die klinische Wirkung blieb jedoch unklar. 

  • Synbiotika zeigten in wenigen Studien erste positive Ansätze, die Evidenz ist jedoch schwach. 

  • Postbiotika befinden sich überwiegend in einem präklinischen Stadium, Daten aus klinischen Studien sind sehr begrenzt. 

Die Gesamtbewertung zeigt: Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend, aber nicht konsistent und beruhen meist auf kleinen, kurz angelegten Studien. 

Schlussfolgerung: 

Es ist noch unklar, ob Veränderungen der Mikrobiota Ursache oder Folge der Zöliakie sind. Die Darmmikrobiota könnte jedoch in Zukunft der Zöliakie sein. In klein angelegten Studien zeigen biotische Interventionen erste vielversprechende Ergebnisse und könnten die glutenfreie Diät künftig sinnvoll ergänzen. Die glutenfreie Diät (GFD) bleibt jedoch die zentrale und unverzichtbare Standardtherapie. Um den Stellenwert personalisierter biotischer Interventionen verlässlich einschätzen zu können, sind jedoch weitere hochwertige, randomisierte Studien mit klar definierten Endpunkten erforderlich. 

 

*Aufgrund der Lesbarkeit wird hier das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter. 

Quellen:

Valitutti F, Cavalli E, Leter B, Leonard M, Alessio F, Cucchiara S. Coeliac disease and microbiota: is it time for personalised biotics intervention? A scoping review. BMJ Nutrition, Prevention & Health. 2025;8:. https://doi.org/10.1136/bmjnph-2024-001100