Bei der Zöliakie handelt es sich um eine immunvermittelte, chronische Enteropathie, die bei genetisch prädisponierten Personen durch den Verzehr von Gluten ausgelöst wird. Mit einer Prävalenz von etwa einem Prozent gehört sie zu den häufigsten Autoimmunerkrankungen. Aktuell ist eine strikte, lebenslange glutenfreie Diät (GFD) die einzige wirksame Therapie. Doch die Einhaltung ist für viele Patienten schwierig, rund 30–50 % der Betroffenen leiden trotz GFD weiterhin unter Beschwerden und in seltenen Fällen können schwerwiegende Komplikationen entstehen. In den letzten Jahren wurden neue Therapieansätze entwickelt, die sich derzeit in klinischen Studien der Phase 2 und 3 befinden. Diese Übersicht fasst die aktuellen Fortschritte zusammen.
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Die Forschungsgruppe um Scalvini et al. (2025) hat eine narrative Übersichtsarbeit veröffentlicht. Das Ziel bestand darin, die bislang in Phase-2- und Phase-3-Studien untersuchten pharmakologischen Ansätze bei Zöliakie zusammenzufassen und ihre Wirksamkeit kritisch zu bewerten.
Methodik:
Es wurde eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken „Pubmed” und „Embase” durchgeführt. Von den 7.286 Treffern erfüllten 27 Studien die Kriterien. Analysiert wurden ausschließlich experimentelle, nichtdiätetische Therapien.
Ergebnisse:
Die untersuchten Ansätze lassen sich in vier Gruppen einteilen:
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Glutenabbauende Enzyme (Glutenasen) wie ALV003 und AN-PEP können zwar Glutenfragmente spalten, führen aber nicht zuverlässig zum Schutz der Dünndarmschleimhaut.
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Barriere-Modulatoren wie Larazotidacetat reduzierten die Symptomlast, verhinderten jedoch keine Schleimhautschäden.
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Immuntherapien (z. B. Nexvax2, TAK-101, AMG 714) zielten auf die Toleranzentwicklung ab. Während Nexvax2 und AMG 714 keine ausreichende Wirkung zeigten, erreichte TAK-101 immunologische Effekte, bislang jedoch ohne klaren klinischen Nutzen.
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TG2-Inhibitoren wie ZED1227 erwiesen sich als die bislang vielversprechendste Option: In Studien konnte die gluteninduzierte Schleimhautschädigung dosisabhängig reduziert werden, bei gutem Sicherheitsprofil
Schlussfolgerung:
Bislang konnte keine der geprüften Substanzen die glutenfreie Ernährung (GFD) ersetzen. Somit bleibt die GFD die einzige wirksame Standardtherapie bei Zöliakie. Dennoch sind einzelne pharmakologische Ansätze von klinischem Interesse: ZED1227 ist derzeit der am weitesten fortgeschrittene Kandidat, während TAK-101 einen immunologischen Ansatz verfolgt, der in weiteren Studien geprüft wird. Andere Substanzen haben sich als wenig wirksam erwiesen oder werden nicht mehr weiterentwickelt.
Für viele Patienten ist die konsequente Einhaltung der glutenfreien Diät eine große Herausforderung. Eine medikamentöse Begleittherapie könnte ihnen künftig spürbare Entlastung und mehr Lebensqualität ermöglichen. Die laufende Forschung nach Alternativen zur GFD bedeutet für viele Betroffene daher nicht nur wissenschaftlichen Fortschritt, sondern vor allem auch große Hoffnung auf eine weniger belastende Zukunft.
Für Ärzte und Ernährungsfachkräfte bedeutet dies: Die GFD bleibt der Goldstandard in der Behandlung der Zöliakie. Pharmakologische Therapien sind noch nicht praxisreif, könnten aber in den kommenden Jahren als Ergänzung realisierbar werden.
*Aufgrund der Lesbarkeit wird hier das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.
Quellen:
Scalvini D, Scarcella C, Mantica G, Bartolotta E, Maimaris S, Fazzino E, Biagi F, Schiepatti A. Beyond gluten-free diet: a critical perspective on phase 2 trials on non-dietary pharmacological therapies for coeliac disease. Front Nutr. 2025 Jan 7;11:1501817. doi: 10.3389/fnut.2024.1501817. PMID: 39839296; PMCID: PMC11748180.