Wie Gesamt-IgA die tTG-IgA-Diagnostik der Zöliakie beeinflusst

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Die serologische Diagnostik spielt eine zentrale Rolle bei Abklärung von Zöliakie. In der Praxis konzentrieren sich Ärzte und Ernährungsfachkräfte meist auf die Höhe der tTG-IgA-Werte. Das Gesamt-IgA, ein Parameter, der routinemäßig bestimmt, aber selten weiterinterpretiert wird, findet dagegen weniger Beachtung. 

Eine aktuelle Studie von Raiteri et al. (2024) untersuchte, wie sich die Gesamt-IgA-Werte auf die diagnostische Genauigkeit verschiedener tTG-IgA-Schwellenwerte im Verhältnis zum oberen Normwert (UNL) auswirken. Vor dem Hintergrund der Frage, ob eine biopsiefreie Diagnostik bei Erwachsenen künftig möglich ist, hat diese Untersuchung praktische Bedeutung.  

Methodik:  

In einer retrospektiven Studie untersuchten die Autoren 165 erwachsene Patienten, die zwischen 2017 und 2022 am Universitätsklinikum Bologna mit dem Verdacht auf Zöliakie vorgestellt wurden. Voraussetzungen für die Studienteilnahme waren: 

  • glutenhaltige Ernährung zum Zeitpunkt der Diagnostik 

  • tTG-IgA-Bestimmung (ELiA Celikey IgA) 

  • Dünndarmbiopsie innerhalb von maximal acht Wochen 

  • Gesamt-IgA-Bestimmung per Nephelometrie 

Bei 130 Patienten lagen vollständige IgA-Daten vor. Diese wurden folgendermaßen eingeteilt: 

  • <174 mg/dL (niedrig) 

  • 174–245 mg/dL (mittel) 

  • ≥245 mg/dL (hoch) 

 

Ziel war es, die diagnostische Leistung zweier Cut-offs (10x und 6x des oberen Normwerts) in Abhängigkeit von dem Gesamt-IgA zu vergleichen. Die Autoren berechneten Sensitivität, Spezifität und ROC-Kurven. 

Ergebnisse:  

Diagnostische Leistung der Cutoffs 

  1. tTG IgA ab 10-mal oberer Normgrenze 

Spezifität 82,6 Prozent 

Sensitivität 49,3 Prozent 

  1. tTG IgA ab 6-mal oberer Normgrenze 

Spezifität 73,9 Prozent 

Sensitivität 69,0 Prozent 

Einfluss des Gesamt IgA 

  1. Niedriges Gesamt IgA unter 174 Milligramm pro Deziliter 

Spezifität bleibt unverändert 

Sensitivität steigt deutlich von 46,15 Prozent auf 64,10 Prozent 

  1. Mittleres Gesamt IgA von 174 bis 245 Milligramm pro Deziliter 

Spezifität bleibt unverändert 

Sensitivität steigt von 36,11 Prozent auf 52,78 Prozent 

  1. Hohes Gesamt IgA ab 245 Milligramm pro Deziliter 

Sensitivität steigt von 67,57 Prozent auf 81,08 Prozent 

Spezifität fällt deutlich von 71,43 Prozent auf 42,86 Prozent 

 

Schlussfolgerung:  

Die Studie zeigt erstmals systematisch, dass das Gesamt-IgA einen entscheidenden Einfluss auf die diagnostische Aussagekraft von tTG-IgA besitzt. Obwohl der Schwellenwert von 10-mal oberer Normgrenze weiterhin eine hohe Spezifität aufweist, ist eine nicht invasive Zöliakiediagnose bei Erwachsenen bislang noch nicht in deutschen Leitlinien verankert. Die europäischen ESsCD-Guidelines führen no-Biopsy-Verfahren auf. 

Die Ergebnisse sprechen jedoch dafür, die Serologie differenzierter zu bewerten. So sollte das Gesamt-IgA ä nicht nur zur Erkennung eines IgA-Mangels genutzt werden, sondern auch bei der Wahl des sinnvollen tTG-IgA-Cutoffs berücksichtigt werden. Bei niedrigem und mittlerem Gesamt-IgA ermöglicht ein Schwellenwert von 6-mal oberer Normgrenze eine bessere Sensitivität bei stabiler Spezifität. Bei hohem Gesamt IgA ist der klassische Wert von 10-mal oberer Normgrenze verlässlicher, da er falsch positive Befunde reduziert. 

Damit liefert die Studie wichtige Hinweise für eine präzisere serologische Diagnostik und mögliche zukünftige nicht invasive Diagnosewege. Um optimale Schwellenwerte für unterschiedliche IgA-Profile festzulegen, sind jedoch größere Studien notwendig. 

*Aufgrund der Lesbarkeit wird hier das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter. 

Quelle

Raiteri A, Granito A, Pallotta DP, et al. Exploring Total Immunoglobulin A's Impact on Non-Biopsy Diagnosis of Celiac Disease: Implications for Diagnostic Accuracy. Nutrients. 2024;16(18):3195. Published 2024 Sep 21. doi:10.3390/nu16183195