Die Zubereitung von glutenfreien Lebensmitteln neben glutenhaltigen Lebensmitteln ist für Zöliakie-Patienten möglicherweise nicht immer so riskant wie befürchtet

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Dr. Schär veranstaltete zusammen mit zehn Ernährungsfachkräften aus dem Netzwerk „Find the expert“ am 19. August 2021 einen ersten Journal Club. Die wissenschaftliche Diskussionsrunde versammelte die Kolleg*innen um einen virtuellen Tisch, um eine neu veröffentlichte Studie und ihre Ergebnisse kritisch zu beleuchten, zu beurteilen und daraus potenzielle Empfehlungen und/oder Veränderungen abzuleiten.

Die Studie1 beschäftigte sich mit der vieldiskutierten Glutenkontamination in Haushalten, die für Zöliakie-Betroffene unmittelbar nach der Diagnose neben der Umstellung auf eine glutenfreie Ernährung zur zweiten Herausforderung wird. Aktuelle Empfehlungen sind streng auf eine Glutenfreiheit abgestimmt. Für die Betroffenen ist es essentiell, mögliche Diätfehler und die Dringlichkeit einer glutenfreien Ernährung zu kennen, um schwerwiegende Konsequenzen zu verhindern. Die Angst vor einer Glutenaufnahme ist bei Zöliakie-Patienten weit verbreitet und führt oft zu restriktivem Essverhalten und verminderter Lebensqualität. Die amerikanische Untersuchung ging der Frage nach, ob diese Restriktion tatsächlich notwendig sei.

Im Journal Club gaben Annette Englert und Birgit Blumenschein, beide Diätassistentinnen, einen Überblick über die Studie und ihre Ergebnisse2.

  1. Als risikoreich und mit einer Glutenkontamination verbunden war das Kochen von glutenfreien Pasta in “glutenhaltigem” Kochwasser (alle Proben > 20 ppm). Das Abspülen der Pasta reduzierte den Glutengehalt allerdings < 20 ppm. Das Spülen der Töpfe mit Wasser/Wasser + Seife vor dem Kochen von glutenfreien Pasta schien sicher.
  2. Die Übertragung von Gluten auf glutenfreie Brotscheiben war bei der Nutzung eines gemeinsamen Toasters nur minimal.
  3. Das Schneiden von glutenfreien Cupcakes mit einem Messer, das vorher für glutenhaltige Muffins verwendet und im Anschluss gereinigt wurde, war mit geringer Glutenübertragung verbunden.

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Die Diskussion startete mit der Frage, ob anhand der Ergebnisses einer einzigen Studie bereits Empfehlungen geändert werden sollten/könnten. Gemeinsamer oder getrennter Toaster, eine häufig gestellte Frage in den Ernährungsberatungen. Von Kolleginnen mit Erfahrungswerten als (labortechnisch verifizierter) Faktor der Glutenkontamination belegt, scheinen getrennte Toaster sinnstiftend für Zöliakie-Betroffene – nicht aber als Ergebnis der besprochenen Studie. Was, wenn wir Ernährungsfachkräfte “lockerer” werden in den Empfehlungen, was machen die Betroffenen selbst daraus? Werden sie dann auch bei manch anderen potenziellen Kontaminationsrisiken nachlässiger? Scheint eine Ansage: “Keine Kontamination, und damit kein Risiko eingehen, besser als ein individueller Blick auf potenzielle Risikofaktoren und -situationen in der Küche und bei der Zubereitung? Intensiv diskutiert wurde ein “Wie viel ist ein Zuviel an Glutenbelastung”. Manche Kolleg*innen sprachen sich für eher straffere Zügel, sprich Konsequenz, in der Beratung aus.

Eine Teilnehmerin, selbst als Ernährungsfachkraft und Zöliakie-Betroffene , wünschten sich in der Diskussion noch viel mehr Evidenzen in weiteren Studien. Symptomfreiheit aufgrund “geringer” Kontamination sei kein Parameter für weniger restriktive Maßnahmen in der Küchenpraxis. Ebenso wurde argumentiert: Warum die bisherigen Empfehlungen ändern, wenn sie doch erfolgreich waren?

Demgegenüber standen die Überlegungen, wenn es nach Studienlage möglich wäre doch mehr “Freiheit” und damit mehr Genuss für die Zöliakie-Patienten zu erlauben. Mit dem ebenso über Studien ermittelten Wissen darüber, dass viele Zöliakie-Betroffene die Glutenfreiheit in manchen Lebenssituationen nicht zu 100 Prozent einhalten, würde eine ungefährliche Lockerung in der Koch- und Küchenarbeit unnötige Sorgen und Hyperaktivitäten mindern und Lebensqualität steigern, das auch die Ansicht der Autoren der Studie.

Die Diskussionen innerhalb des Journal Club empfanden die teilnehmenden Ernährungsfachkräfte im Feedback als große Bereicherung. Der Austausch mit weiteren Fachkolleg*innen und die dabei gewonnenen Erkenntnisse, sowohl aus der Studie als auch aus der Praxis, ergab den Wunsch nach weiteren Diskussionen mit den Diätassistent*innen und Ökotropholog*innen. Dr. Schär bzw. das Dr Schär Institute mag diesem Wunsch bereits im Dezember 2021 nachkommen und einen weiteren Journal Club anbieten.

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Quelle

Weisbrod VM, Silvester JA, Raber C, McMahon J, Coburn SS, Kerzner B. Preparation of Gluten-Free Foods Alongside Gluten-Containing Food May Not Always Be as Risky for Celiac Patients as Diet Guides Suggest. Gastroenterology. 2020;158(1):273-275. doi:10.1053/j.gastro.2019.09.007