Ernährungstherapie kann beim Reizdarm-Syndrom viel bewirken - Low FODMAP-Diät und glutenfreie Ernährung sind erfolgversprechend

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  3. Ernährungstherapie kann beim Reizdarm-Syndrom viel bewirken - Low FODMAP-Diät und glutenfreie Ernährung sind erfolgversprechend

Beim Reizdarmsyndrom hat die Ernährungstherapie einen wichtigen Stellenwert. Nach einer Anamnese wird für den Patienten eine individuelle Ernährungstherapie definiert. Neben weiteren Ernährungsmaßnahmen führt eine FODMAP-arme oder eine glutenfreie Diät häufig zum Erfolg. Darauf wiesen Experten in einem von Dr. Schär unterstützten Symposium im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) hin.

Bei der Entstehung der typischen Beschwerden beim Reizdarm-Syndrom spielt die Ernährung eine bedeutende Rolle. Vor allem Nahrungsbestandteile, die die Gasbildung im Darm erhöhen, können ein Reizdarmsyndrom begünstigen, erläuterte Prof. Dr. Martin Storr, Gauting. Hier stehen die so genannten FODMAPs (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole) im Vordergrund. Diese schwer verdaubaren Kohlenhydrate werden im Colon von der Darmflora aufgenommen und fermentiert, wodurch es zu einer vermehrten Gasbildung und Wasserbindung im Darmlumen kommt. Bei Menschen mit einer entsprechenden Sensitivität ist diese Reaktion besonders ausgeprägt und äußert sich durch schmerzhafte Blähungen, erhöhtes Stuhlvolumen, Verstopfung und Durchfall. „Hinzu kommt, dass bei vielen Reizdarm-Patienten eine niedrige Schmerzschwelle vorliegt und die Schmerzen früher und stärker wahrgenommen werden“, hat Storr beobachtet. Die Reduktion des Anteils von FODMAPs an der Ernährung, eine so genannte low-FODMAP-Diät, führt bei einem großen Teil dieser Patienten zu einem deutlichen Rückgang der Blähungen und Schmerzen.1 „Die Studien zur Wirksamkeit der low-FODMAP-Diät beim Reizdarm kommen alle zu einem ähnlich positiven Ergebnis, deshalb ist diese Diät heute State of the Art bei der Reizdarm-Therapie“, so Storr.

Bei der low-FODMAP-Diät werden – idealerweise mit Unterstützung durch eine Ernährungsberatung – zunächst für einen begrenzten Zeitraum von etwa 2 bis 8 Wochen alle Nahrungsmittel strikt gemieden, die eine relevante Menge an FODMAPs enthalten, erklärte Edburg Edlinger, Diätologin in Innsbruck. Dazu gehören z.B. Zwiebeln und Knoblauch, Hülsenfrüchte, viele Getreidearten, Milch und bestimmte Milchprodukte sowie manche Obst- und Gemüsesorten. „Dies bedeutet nicht, Verzicht zu üben, denn viele Lebensmittel lassen sich heute gut durch FODMAP-freie Varianten ersetzen“, so Edlinger. „Bei Laktoseintoleranz sind Schnittkäse und laktosefreie Milchprodukte ein optimaler Ersatz und bei Getreideprodukten sind glutenfreie Produkte eine passende Alternative, da sie gleichzeitig auch frei von FODMAPSs wie den Fruktanen sind“, empfahl Edlinger. „Verbessern sich durch diese Eliminationsdiät die Beschwerden, werden in einer Testphase wieder geringe Mengen an FODMAP-haltiger Nahrung zugeführt und es wird gemeinsam mit dem Patienten die individuelle Toleranzschwelle ermittelt. Die meisten Patienten vertragen gewisse Mengen an FODMAPs gut“, so Edlinger.

Gluten-/Weizenfreie Ernährung als therapeutische Option

Allerdings sind nicht bei allen Reizdarm-Patienten ausschließlich FODMAPs für die gastrointestinalen Beschwerden verantwortlich. „Bei einem nicht unerheblichen Teil der Patienten kommt auch eine Gluten-/Weizensensitivität als Ursache in Frage“, berichtete Prof. Storr. Der Gastroenterologe stellte eine Crossover-Studie mit 140 Reizdarm-Patienten vor, die belegt, dass etwa 14 % der untersuchten Patienten sensitiv auf Gluten bzw. Weizen reagierten. In einer weiteren Studie, in der Patienten mit Reizdarm (vom Typ D und M) für 4 Monate auf eine glutenfreie Ernährung eingestellt wurden, kam es bei 34 % zu einer deutlichen oder vollständigen Besserung der Symptome. „Wenn allgemeine Empfehlungen zu einer ausgewogenen Ernährung und eine Low-FODMAP-Diät nicht zu einem ausreichenden Erfolg führen, lohnt sich der Versuch einer glutenfreien Ernährung“, empfahl Storr. Dabei gilt es Geduld zu haben, denn ein Teil der Patienten spricht erst nach etwa 2 Monaten auf diese Diät an. Die Gluten-/Weizensensitivität ist laut Storr als eigenständiges Krankheitsbild zu sehen. Bei den Patienten kommt es neben den gastrointestinalen Symptomen häufig auch zu extraintestinalen Beschwerden wie z.B. Müdigkeit, „Foggy mind“, Kopfschmerzen und Depressionen. „Liegt eine Gluten-/Weizensensitivität vor, kommt es unter einer glutenfreien Ernährung meist zu einer deutlichen Besserung, auch der extraintestinalen Beschwerden“, so die Erfahrung von Storr.

Damit die glutenfreie oder eine low-FODMAP Diät korrekt und ausgewogen umgesetzt wird, rät Storr zur Inanspruchnahme einer qualifizierten Ernährungsberatung. Diese hilft, eine abwechslungsreiche Ernährung zu sichern und die Entwicklung einer Mangelernährung oder von Ernährungsphobien zu verhindern, betonte Edburg Edlinger. „Es gibt heute glücklicherweise eine Vielfalt von glutenfreien Produkten mit einer guten Zusammensetzung, die die Patienten ausprobieren können“, so Edlinger. Die glutenfreie Diät muss beim Reizdarm auch nicht so strikt gehandhabt werden wie bei der Zöliakie, so die Diätologin weiter. Nach einer ersten Karenzphase sind auch hier wieder glutenhaltige Nahrungsmittel in geringen Mengen möglich. „Wichtig ist es, keine Verbote auszusprechen, sondern Möglichkeiten aufzuzeigen, die das Essverhalten optimieren und gleichzeitig Genuss ermöglichen“, schloss Edlinger.

Quellen

  1. Halmos et al. Gastroenterology. 2014;146(1):67-75
  2. Sabatino et al. Clin Gastroenterol Hepatol. 2015;13(9):1604-12.e3
  3. Barmeyer et al.: Int J Colorectal Dis (2017) 32: 29