Metabolische Risiken bei Zöliakie: Neue Erkenntnisse im Überblick

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Zöliakie wird traditionell als enteropathische Autoimmunerkrankung verstanden doch aktuelle Forschung zeigt ein deutlich breiteres klinisches Spektrum. Neben gastrointestinalen Beschwerden stehen zunehmend metabolische Veränderungen im Fokus. Neue Daten deuten darauf hin, dass Zöliakiepatienten insbesondere nach Einleitung einer glutenfreien Ernährung ein höheres Risiko für Übergewicht, Dyslipidämie, Insulinresistenz und metabolische Folgeerkrankungen entwickeln können.

Während früher vor allem Malabsorption und Gewichtsverlust das klinische Bild dominierten, zeigt sich heute ein Wandel der Begleitsymptomatik. Immer mehr Zöliakiepatienten entwickeln metabolische Auffälligkeiten bis hin zu MASLD und metabolischem Syndrom. Diese Veränderungen werfen neue Fragen zur Rolle der Ernährungstherapie, zur Stoffwechselregulation und zu immunologischen Mechanismen auf. Ziel der Abschlussarbeit von Anna Knottner ist, die aktuelle Evidenzlage kritisch zu analysieren und mögliche pathophysiologische Zusammenhänge zu diskutieren.

Methodik:

Zur Darstellung des Forschungsstands wurde eine systematische Literaturübersicht durchgeführt. Die Recherche erfolgte in MEDLINE, PubMed, Cochrane Library und Embase sowie in relevanten Leitlinien und grauer Literatur. Eingeschlossen wurden klinische Studien systematische Übersichten und Metaanalysen aus dem Zeitraum 2006 bis September 2025. Fallberichte und Studien mit unzureichender methodischer Qualität wurden ausgeschlossen. Die identifizierten Quellen wurden hinsichtlich Aussagekraft und methodischer Robustheit bewertet.

Ergebnisse:

Die Auswertung zeigt eine deutliche Zunahme metabolischer Veränderungen nach Einführung einer glutenfreien Ernährung. Mehrere Studien belegen ein erhöhtes Risiko für Übergewicht, metabolisches Syndrom und MASLD bei Zöliakiepatienten unter glutenfreier Ernährung. Ein signifikant erhöhtes Risiko für Typ 2 Diabetes oder kardiovaskuläre Erkrankungen zeigt sich hingegen nicht, mit Ausnahme von Vorhofflimmern und Schlaganfall, die in einzelnen Analysen häufiger auftraten. Hinweise mehren sich zudem auf eine höhere Prävalenz von Bluthochdruck, auch wenn hier weiterer Forschungsbedarf besteht. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass Zöliakiepatienten unter glutenfreier Ernährung nicht nur von ernährungsbezogenen Mikronährstoffdefiziten betroffen sein können, sondern auch von metabolischen Risikokonstellationen, die bisher weniger im Fokus standen.

Schlussfolgerung:

Die vorliegenden Daten zeigen, dass Zöliakie über die klassischen gastrointestinalen Symptome hinausgeht und mit relevanten metabolischen Risiken verbunden sein kann. Veränderungen des Ernährungsverhaltens unter glutenfreier Ernährung sowie immunologische Faktoren könnten zur Entwicklung von Übergewicht, Dyslipidämie, Insulinresistenz und MASLD beitragen, auch wenn die zugrunde liegenden Mechanismen noch nicht vollständig geklärt sind. Daher sollten Zöliakiepatienten metabolisch engmaschiger überwacht werden. Für Ernährungsfachkräfte und Gastroenterologen bedeutet dies eine stärkere Berücksichtigung metabolischer Risiken sowie eine regelmäßige Überprüfung von Gewicht Glukose und Lipidprofilen. Eine individuelle Ernährungstherapie kann dazu beitragen langfristige Komplikationen zu verhindern und die Betreuung der Patienten nachhaltig zu verbessern.

 

*Aufgrund der Lesbarkeit wird hier das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.

  • Quellen

    Metabolische Gesundheit bei Zöliakie: eine kritische Analyse des aktuellen Foschungsstandes; Anna Knottner, Diplomarbeit Laureatsstudiengang für Ernährungstherapie, Universitäres Ausbildungszentrum für Gesunheitsberufe Claudiana, Universitá Cattolica del Sacro Cuore die Roma