Es ist nach wie vor umstritten, ob die frühkindliche Ernährung einen Einfluss darauf hat, dass Risikogruppen an Zöliakie erkranken. Die systematische Übersichtsarbeit bewertete insgesamt 30 randomisierte kontrollierte Studien und Beobachtungsstudien, die die Stilldauer und die Einführung glutenhaltiger Beikost im Säuglings- und Kleinkindalter untersuchten. Ziel war es, die Erkenntnisse zu aktualisieren, die es über die Auswirkungen frühkindlicher Ernährung auf das Risiko der Entwicklung von Zöliakie oder zöliakiebedingter Autoimmunität gibt.
Die Ursachen einer Zöliakie sind eine genetische Veranlagung (HLA-DQ2 und/oder HLA-DQ8) sowie die Zufuhr glutenhaltiger Nahrung. Eine Zöliakie kann von Eltern an ihre Kinder vererbt werden. Doch nicht jeder, der diese genetische Anlage in sich trägt, erkrankt tatsächlich. 10 bis 15 Prozent der Verwandten ersten Grades eines Zöliakie-Betroffenen sind ebenfalls betroffen. Die systematische Übersichtsarbeit von Hania Szajewska et al. fasst die Ergebnisse von Studien zu den Auswirkungen der frühkindlichen Ernährung auf das Zöliakie-Risiko zusammen.
Methode
Zur Durchführung des systematischen Reviews wurden randomisierte kontrollierte Studien und Beobachtungsstudien herangezogen, die vor Mai 2022 auf MEDLINE, EMBASE und der Cochrane Library veröffentlicht wurden. In die Übersichtsarbeit eingeschlossen wurden 36 Veröffentlichungen zu 30 Studien. Die Zöliakie wurde bei den Probanden durch eine Anti-Transglutaminase- oder Anti-Endomysial-Antikörper-Positivität diagnostiziert.
Ergebnisse
Den Studien zufolge verringerte weder ausschließliches Stillen noch eine längere Stilldauer das Risiko für die Entwicklung einer Zöliakie oder zöliakiebedingter Autoimmunität im Säuglingsalter. Während eine Metaanalyse von vier Fall-Kontroll-Studien ein verringertes Risiko für Zöliakie zeigte, konnte dies in randomisierten kontrollierten Studien und Kohortenstudien nicht nachgewiesen werden.
Das Alter bei der Einführung glutenhaltiger Lebensmittel konnte nicht mit einem kumulativ höheren Risiko in Verbindung gebracht werden, obwohl zwei randomisierte kontrollierte Studien darauf hinwiesen, dass eine frühere Einführung mit einem früheren Auftreten einer Zöliakie-assoziierten Autoimmunität verbunden war.
Ergebnisse aus sechs Beobachtungsstudien legen nahe, dass der Verzehr einer höheren Glutenmenge beim Abstillen und/oder danach das Zöliakie-Risiko erhöhen kann. Es liegen jedoch keine ausreichenden Erkenntnisse vor, um die Menge an Gluten zu bestimmen, die mit diesem erhöhten Risiko verbunden ist. Auch gibt es keine eindeutigen Ergebnisse darüber, ob die frühkindliche Ernährung das Risiko beeinflusst, das durch die unterschiedlichen HLA-Genotypen verursacht wird.
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass die Auswirkungen umstritten bleiben. Sowohl das Stillen als auch der Zeitpunkt, zu welchem Gluten in der frühkindlichen Beikost eingeführt wird, haben bei einem genetischen Zöliakie-Risiko keine Auswirkungen auf die kumulative Inzidenz der Entwicklung einer Zöliakie in der Kindheit. Es gibt dennoch einige Hinweise darauf, dass eine höhere Glutenzufuhr mit der Beikost das Risiko für die Entwicklung von Zöliakie oder zöliakiebedingter Autoimmunität erhöht.